Flaschen ohne Altersangaben

Ein neuer Trend! Whiskys ohne Altersangabe!

Häufig werden wir gefragt, wie alt ein Whisky in einer Flasche ohne Altersangabe nun sei. In den vergangenen Jahren kamen viele dieser 'No Age Statements' (NAS) auf den Markt. Diese Frage ist nicht so leicht zu beantworten. Auch Insider wissen oft nicht, welche Fässer mit welchem Alter speziell für diese Flaschen abgefüllt wurden. Erfahren Sie hier etwas über die Hintergründe.

 

Im zweiten Video zu diesem Thema geht es mehr um die kaufmännische sowie firmenpolitische Sicht zu Altersangaben auf Whiskyflaschen. 

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Fakten über Fassreifung und Altersangaben

Zuerst ist es wichtig, die Fakten zu kennen: Laut schottischem Gesetz muss ein Whisky für mindestens drei Jahre und einen Tag reifen, um sich Whisky nennen zu dürfen. Ausgehend davon, sind Whiskys ohne Altersangabe zumindest drei Jahre alt.

Ein weiteres wichtiges Gesetz ist, dass wenn Whiskys aus mehreren Fässern mit unterschiedlichem Alter vermischt werden so muss bei Nennung des Alters das Alter des jüngsten Fasses angegeben werden. Mit diesem Hintergrundwissen betrachten wir das Thema genauer.

Warum die Frage nach dem Alter?

Es ist interessant, mit welcher Motivation die Frage nach dem Alter gestellt wird. Die meisten der Fragenden möchten den Wert des Whiskys anhand des Alters bestimmen. Nach dem Motto ‚Alte Whiskys sind besser‘. Da der Preis vieler Whiskys mit dem Alter steigt, ist diese Ansicht nicht unbegründet. Leider lässt es sich nicht immer so pauschal sagen. Wird betrachtet wie Fassreifung funktioniert, so sehen wir, dass mit der additiven und subtraktiven Reifung ein Whisky auch ‚zu lange‘ im Fass reifen kann. Der Whisky nimmt dann zu viele Eichenaromen des Fasses auf. Natürlich hängt das von jedem Fass selbst ab und wie oft es schon verwendet wurde. Dennoch ist das Alter ein wichtiges Werkzeug des Marketings der Abfüllungen und viele Kunden legen Wert darauf.

Gründe für eine fehlende Altersangabe

Verstecken des Alters

Es liegt auf der Hand: Die meisten Brennereien geben kein Alter an, um ein junge Alter zu verstecken. Eine einstellige Zahl schaut nicht so gut aus wie eine zweistellige. In den 1990ern und 2000ern gab es Abfüllungen unter anderem von Macallan oder Glen Grant die ein Alter von fünf oder sieben Jahren angaben. Aber da auf dem Markt die 12, 15 und 18-Jährigen mehr gefragt waren, wurde das junge Alter bei nachfolgenden Abfüllungen weggelassen.

Verwendung von jungen Fässern

Ein weiterer Grund für die Nicht-Nennung des Alters kann die Verwendung von jungen Fässern sein. Manchmal wird ein älteres, milderes Fass mit jungen, intensiven aufgefrischt. Dazu kommt der Umstand, dass ein Whisky in einem jungen Fass schneller reift. Aber wie bereits erwähnt, muss dann das Alter des jüngsten Fasses angegeben werden, was uns wieder zu dem ersten Grund bringt.

Ein weiterer Bonus an dieser Stelle ist auch die Senkung der Kosten, da ein altes, teures Fass mit einem günstigen, jungen vermischt wird. Das funktioniert am besten bei rauchigem Whisky, da der junge, ‚metallische‘ Charakter der Brennerei leichter in einem rauchigem Malt versteckt werden kann.

Die Dauer der Nachreifung

Oft werden Whisky in verschiedenen Fässern wie Sherry- oder Weinfässern nachgereift. Die Dauer der Nachreifung ist meistens kürzer als die Ursprüngliche und kann in manchen Fällen nur ein paar Monate dauern. Mit jeder Verwendung eines Fasses, verlängert sich die Dauer der Reifung, die der Whisky benötigt, um die gleiche Stärke an Aromen zu erreichen. Zum Beispiel benötigt die erste Verwendung des Fasses eine Dauer von sechs Monaten, die Zweite dann acht Monate, die Dritte dann 12 und so weiter. Das wird zu einem Problem bei Standardabfüllungen mit Nachreifungen, wie der Laphroaig Quarter Cask. Wenn das Alter genannt werden würde, dann hätte jedes Batch eine verschiedene Altersangabe und bräuchte immer neue Flaschenetiketten. Auch das Marketing hätte das Problem den Kunden zu vermitteln, dass der Geschmack der gleiche ist. Aber es ist sehr wahrscheinlich, dass die Zielgruppe dadurch eher verwirrt wird. Eine Alternative zum Erreichen des gleichen Alters ist die Länge der Reifung und Nachreifung jeweils anzupassen. Das resultiert dann jedoch in unterschiedlichen Aromen. Deshalb haben viele Standardabfüllungen (besonders mit Nachreifungen) keine Altersangabe.

Diese drei sind die naheliegendsten Gründe, das Alter nicht zu nennen. Aber da wir die Absichten und Strategien der Brennerei nicht kennen, können wir nie ganz sicher sein.

Der Markt und die Kurzsichtigkeit von Brennereien und Unternehmen

Wenn die Nachfrage nach altem Whisky steigt, warum dann nicht nur solchen verkaufen? Naja, so einfach ist es leider nicht. Wir sprechen hier von Jahren der Produktion und begrenzten Kapazitäten bei Herstellung und Lagerplätzen. Die schnell steigende Nachfrage kann durch die lange Dauer der Produktion nicht versorgt werden.

Das größte Problem jedoch ist, dass das Marketing der Brennereien oder Unternehmen getrennt von der Produktion arbeitet. Das Ziel des Marketings ist es so viel wie möglich zu verkaufen. Wenn älterer Whisky nicht mehr im Lagerhaus ist, so wird der junge verkauft. Dass diese Jungen später in der Menge der Älteren fehlen, wird dabei übersehen. Dieses Problem wird verstärkt, weil die meisten Brennereien im Besitz von acht Großkonzernen liegen. Diese sehen eher die Verkaufszahlen als den Stand in den Warenhäusern.

Ein weiterer Faktor ist, dass Brennerei Manager häufig nur für wenige Jahre in den Brennereien bleiben. Dadurch ist es auch nicht nötig (eine) Weitsicht zu haben. Sie sind ebenfalls eher daran interessiert den Absatz zu steigern, als Fässer für die Zukunft zu sichern. Unabhängige Brennereien, die meistens von Familien betrieben werden, haben es leichter. Sie planen häufig langfristig, was in mehr älteren Abfüllungen resultiert. Ein gutes Beispiel dafür ist Glenfarclas, die mit einer guten Planung fähig ist, jedes Jahr eine alte Abfüllung herauszubringen.

Sehen wir auf den Markt, so gibt es viele Abfüllungen ohne Altersangabe. Pauschal zu sagen, dass sie schlecht oder schlechter als Ältere sind, stimmt nicht. Geschmack ist und bleibt eine subjektive Angelegenheit. Es ist sehr schade zu beobachten, wie ältere Abfüllungen wegen einer Verknappung der Fässer in den Lagerhäusern verschwinden. Ein Silberstreifen am Horizont sind neugebaute Brennereien, die dazu neigen ihre Fässer länger im Lager zu reifen.